Interview mit Udo Heitmann, dem SPD-Landtagskandidaten für den Wahlkreis 52, mit den Samtgemeinden Hollenstedt, Jesteburg, Tostedt und der Stadt Buchholz
Gunda Rohde: Herr Heitmann, Sie wurden von den SPD-Delegierten aus den Samtgemeinden Hollenstedt, Jesteburg und Tostedt sowie der Stadt Buchholz zum Landtagskandidaten für den Wahlkreis 52 mit einem großen Vertrauensvorschuss gewählt. Hat Sie das überrascht?
Udo Heitmann: Überrascht war ich schon, denn ich konnte nicht davon ausgehen, als Sieger aus der Wahlkreiskonferenz hervorzugehen, zumal mein Ortsverein nur 4 von 30 Delegierten stellte.
Gunda Rohde: Was glauben Sie, war ausschlaggebend für die SPD-Delegierten, Udo Heitmann als Landtagskandidaten für die Samtgemeinden Hollenstedt, Tostedt und Jesteburg sowie die Stadt Buchholz aufzustellen?
Udo Heitmann: Für einen Kandidaten ist es schwierig, darauf eine Antwort zu geben. Ich glaube, dass die Delegierten meine kommunalpolitische Kompetenz überzeugt hat. Seit 10 Jahren bin ich ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Jesteburg. In der gleichen Zeit wirke ich auch als Kreistagsabgeordneter für unseren Landkreis Harburg.
Gunda Rohde: Herr Heitmann, welche Themenschwerpunkte haben Sie sich für die Landespolitik vorgenommen?
Udo Heitmann: Aufgrund meiner kommunalpolitischen Erfahrungen stehen neben der Wirtschaftspolitik, die Bildungs- sowie die Jugend- und Familienpolitik ganz oben auf der Agenda. Eine große Herausforderung ist außerdem die demografische Entwicklung. Ein weiteres wichtiges Feld ist die Energiepolitik, denn der Atomausstieg darf nicht scheitern, aber die zukünftige Energie muss bezahlbar bleiben, sonst ist die soziale Gerechtigkeit in unserem Lande in großer Gefahr.
Gunda Rohde: Das ist ein großes Paket, das von der gesamten zukünftigen SPD-Landtagsfraktion bewältigt werden muss. Aber was wird Ihre erste persönliche Forderung im Landtag sein?
Udo Heitmann: Als erstes werde ich die gesetzlichen Hürden für Integrierte Gesamtschulen tiefer legen. Alle Oberschulen, die das dann wollen, müssen zu (dreizügigen) Integrierten Gesamtschulen werden können.
Heute verlassen 20% der Jugendlichen ohne einen Abschluss die Schule und haben damit auf dem Arbeitmarkt immer die schlechtesten Chancen. Aus meinen Gesprächen mit Unternehmern weiß ich, dass die geringe Qualifikation vieler Auszubildender ein immer größeres Problem für die Betriebe darstellt. Wenn wir jetzt nicht für Kinder, Bildung, mehr Betreuungsplätze und bessere Bildungsangebote investieren, haben wir später höhere gesellschaftliche Folgekosten, die die finanziellen Spielräume in den öffentlichen Haushalten weiter einengen werden.
Gunda Rohde: Herr Heitmann, auch Sie sprechen bei der demografischen Entwicklung von einer großen Herausforderung, was meinen Sie damit?
Udo Heitmann : Ich will versuchen, dieses vielfältige Thema mit einigen Sätzen deutlich zu machen. Weniger Nachwuchs dafür aber mehr Gealterte. Weniger Berufstätige müssen mehr Ruhegehälter aufbringen. Wohnorte der Berufstätigen und Wohnorte von Altersversorgten werden weiter auseinander liegen als bisher schon. Wohnungsanzahl und Beschaffenheit müssen neuen Gegebenheiten angepasst werden. Wohnumfelder und die Bedürfnisse der Menschen müssen noch vorsorglicher aufeinander abgestimmt werden. Allein die Gestaltung einer barrierefreien Umwelt in unseren gegenwärtigen Strukturen bringt die Kommunen in finanzielle Spagate.
Unsere, sich demografisch noch ausgewogen darstellende und auf demokratische Werte gebaute Gesellschaft in ihrer Ganzheit durch die vor uns liegende Talsohle der demografischen Entwicklung zu steuern, ist die Herausforderung. Das fordert eigentlich unser aller ganzen Einsatz auf allen Gebieten.
Gunda Rohde: Wie wollen Sie diese allgemeinen Forderungen in konkrete Politik umsetzen?
Udo Heitmann: Sowohl die Veränderungen unserer Gesellschaft insgesamt, als auch die sich wandelnden Wohnbedürfnisse älterer Menschen erfordern u.a. folgende Maßnahmen auf kommunaler Ebene:
• Barrierefreies Bauen als grundsätzliche und verbindliche Festsetzung in Bebauungsplänen unter der Vorgabe einer barrierefreien Infrastruktur des Wohnumfeldes einschließlich der Erreichbarkeit von Versorgungseinrichtungen und von kulturellen Angeboten.
• Modernen Wohnformen, wie z. B. Integriertes Wohnen, Mehrgenerationenhäuser, Seniorenwohngemeinschaften, sollte Vorrang eingeräumt werden, da sie dem Erhalt der Lebensqualität am weitesten entsprechen.
• Im Zusammenwirken von Politik, Fachleuten, Architekten, Wohnungsunternehmen sowie Betroffenen sind effektive Wohnformen zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Dabei ist zu beachten, dass Wohnraum bezahlbar bleiben muss.
Für diese Punkte müssen der Bund und das Land Niedersachsen vor allem die Baunutzungsverordnungen anpassen.
Gunda Rohde: Ein weiteres wichtiges Thema der demografischen Entwicklung ist die flächendeckende Sicherstellung der ärztlichen Versorgung. Welche Herausforderungen sehen Sie da auf die Landespolitik zukommen?
Udo Heitmann: Zurzeit sind wir mit den beiden kommunalen Krankenhäusern in Buchholz und Winsen, dem genossenschaftlichen Krankenhaus in Salzhausen, der privaten Waldklinik in Jesteburg sowie zahlreichen Haus- und Facharztpraxen im Landkreis Harburg gut versorgt. Kritisch wird jedoch die Situation vor allem in den kleineren Gemeinden, wenn in den nächsten Jahren viele Hausärzte in Rente gehen. Hier müssen wir die Versorgung auch in der Zukunft sicherstellen. Auf jeden Fall werde ich mich weiterhin dafür einsetzen, dass unsere kommunalen Krankenhäuser in Buchholz und Winsen auch zukünftig im Eigentum des Landkreises bleiben und nicht an einen privaten Investor verkauft werden.
Gunda Rohde: Der Spitzenkandidat der niedersächsischen SPD für die Landtagswahl, Stephan Weil, will die Energiewende vorantreiben und Niedersachsen bei den erneuerbaren Energien zum Energieland Nummer eins in Deutschland machen. Dabei setzt er vor allem auf Windenergie und Biomasse. Sind damit nicht die Konflikte mit den Wählerinnen und Wählern in ihrem Wahlkreis vorprogrammiert?
Udo Heitmann: Der Ausstieg aus der Atomenergie ist richtig. Es gilt mehr denn je, die vorhandenen Produktionsmöglichkeiten für Energie intelligent zu vernetzen. Da geht es nicht nur um Standorte für weitere Windkraft- und Biomasseanlagen. Vielmehr müssen Transportwege neu organisiert werden. Dass dafür vorgesehene Verwaltungsverfahren unter enger Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger durchgeführt werden ist selbstverständlich. Für noch wichtiger halte ich in diesem Zusammenhang die Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Im Landkreis Harburg positionieren wir uns in der laufenden Aktualisierung des Regionalen Raumordnungsprogrammes schon jetzt.
Gunda Rohde: Herr Heitmann, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen bei der Landtagswahl am 20. Januar 2013 viel Erfolg.